Emden. Hat ein Emder Schiff womöglich versucht, das Waffen-Embargo gegen Syrien zu unterlaufen? Diese Frage wird derzeit von der Bundesregierung überprüft, wie das federführende Bundeswirtschaftsministerium gegenüber der Emder Zeitung bestätigte. Zuvor hatte ”Spiegel Online” berichtet, dass am Sonnabend ein deutscher Frachter mit Waffen für das Regime von Baschar al-Assad kurz vor Erreichen der syrischen Mittelmeerküste gestoppt worden sei. Den Medienberichten zufolge soll es sich bei dem Schiff um den 6200-Tonnen-Mehrzweckfrachter ”Atlantic Cruiser” der Emder Reederei Bockstiegel handeln. Geschäftsführer Werner Bockstiegel war am Wochenende für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin bestätigte auf Nachfrage nur, dass es sich ”nach derzeitiger Kenntnis um ein Schiff eines deutschen Eigentümers” handelt. ”Wir gehen allen Hinweisen auf mögliche Verstöße gegen das Waffenembargo nach”, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. ”Dabei nutzen wir alle Einflussmöglichkeiten.” Nach dem bisherigen Kenntnisstand sei das Schiff von der Reederei verchartert worden. Das Charter-Unternehmen wiederum habe das Schiff unter die Flagge eines Drittstaates gestellt. ###STOP### Die Online-Ausgabe des ”Spiegels” zitierte am Sonnabend den Schiffsmakler Torsten Lüddeke von der C.E.G. Bulk Chartering in Hamburg, die für die Befrachtung der ”Atlantic Cruiser” verantwortlich ist. Demnach soll es sich um eine sogenannte Kalt-Charter gehandelt haben, der Frachter sei an die ukrainische Firma White Whale Shipping in Odessa vermietet worden. ”Wir haben das Schiff gestoppt, nachdem wir Hinweise auf die Waffenladung erhielten”, sagte Lüddeke demnach. Diese Hinweise wiederum sollen von Überläufern im syrischen Regierungsapparat gekommen sein. Nach den ”Spiegel”-Informationen soll der Emder Frachter vor einigen Tagen im Hafen von Dschibuti (Ostafrika) von einem iranischen Frachter schweres Militärgerät und Munition für das syrische Regime übernommen haben. Deklariert worden seien laut Lüddeke aber vor allem Pumpen. Die White Whale Shipping hat alle Vorwürfe abgestritten. Medienberichten zufolge habe die Firma aus Odessa erklären lassen, die Fracht für Syrien sei in Indien aufgenommen worden. Dabei soll es sich um Produkte ”mit Bezug zur Elektrik” gehandelt haben. Mysteriöse Züge nahm die Sache an, als die ”Atlantic Cruiser” zwischenzeitlich für Stunden aus der Ortung verschwand. Vermutet wird, dass die Besatzung den Transponder des Schiffs abgeschaltet hatte. Nach Einschätzung von Experten sei dieses Abschalten extrem ungewöhnlich. Ab 14.30 Uhr Mitteleuropäischer Zeit war die ”Atlantic Cruiser” am Sonntag jedoch wieder auf der Internetseite Marinetraffic.com zu sehen. Gegen 18.30 Uhr befand sie sich der Echtzeitkarte zufolge zwischen Zypern und Syrien in Höhe der syrischen Hafenstadt Tartus. Im weiteren Verlauf des Abends verschwand der Frachter erneut von der Ortungsinternetseite. Gegen 19.30 Uhr kam dann auf Nachfrage der Emder Zeitung die Auskunft aus Berlin, das Bundeswirtschaftsministerium habe Kontakt mit der Reederei aufgenommen. Das Schiff wolle nun einen sicheren Dritthafen ansteuern. Dort solle die Ware überprüft werden, sagte die Sprecherin. Sie bestätigte auch die inzwischen von ”Spiegel Online” aktualisierte Berichterstattung über das ”Rätsel der Atlantic Cruiser”. Demnach hat Berlin die Botschaften der Region gebeten, ihre jeweiligen Gastregierungen auf den Vorgang aufmerksam zu machen, wegen eines möglichen Verstoßes gegen Embargo-Vorschriften. Inwieweit die Bundesregierung in diesen Fall noch weiter eingreifen kann, ist nicht klar. Denn das Schiff fährt unter der Flagge des Karibikinsel-Staates Antigua und Barbuda. Die Reederei Bockstiegel, so kündigte deren kaufmännischer Geschäftsführer Thomas Weissinger gestern Abend überraschend an, werde ”im Laufe des morgigen Tages” eine Erklärung abgeben”.
gwo/red |